Das Schicksal der Flüchtlinge geht uns alle an

Überall auf der Welt gibt es Kriege und Ungerechtigkeiten. Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsstärkstes Bundesland bekommt deutschlandweit mit 22,2 Prozent die meisten Flüchtlinge zugeteilt. Basis hierfür ist der Königsteiner Verteilungsschlüssel. Der Verband Wohneigentum e.V. hat sich klar positioniert.

Stellungnahme von Michael Dröge, stellvertretender Vorsitzender des Verband Wohneigentum NRW e.V.

Zwei Hände kurz vor einem Handschlag  © iStock. / JimmyLung
Integration und Verbundenheit muss gefördert werden. 

Der Verband Wohneigentum, in dem sich selbstnutzende Wohneigentümer organisieren, kennt aus seiner eigenen Geschichte die Flüchtlingsproblematik: Nach dem ersten und mehr noch nach dem zweiten Weltkrieg mussten hunderttausende Vertriebene und Flüchtlinge aufgenommen und mit Wohnraum versorgt werden. Gerade Wohneigentümer können daher erahnen, wie traumatisierend es sein muss, das eigene Heim und gesamte Hab und Gut aufgrund von Krieg oder anderen humanitären Katastrophen zu verlieren. Und was es bedeutet, in ein anderes Land fliehen zu müssen, um das eigene Leben und das der Familie zu retten.

Integration und Verbundenheit fördern

Nicht zuletzt aus dieser existenziellen Erfahrung hat sich der Verband Wohneigentum den Zweck der „Stärkung familiärer und nachbarschaftlicher Verbundenheit, der Integration, insbesondere von Bürgern mit Migrationshintergrund, der Förderung von Gemeinschaft und Gemeinsinn in Gebieten mit selbstgenutztem Wohneigentum" auf die Fahne geschrieben (§ 3 der Satzung des Verbands Wohneigentum e.V.). Daher fordert der Verband Wohneigentum von Bund, Ländern und Kommunen:

  • Notunterkünfte für Flüchtlinge müssen in Bau und Lage innerhalb eines Wohnviertel geeignet sein, den Bewohnern Schutz zu geben. Beim Neubau größerer Zentren, bei der Umwidmung von Gewerbeimmobilien, Verwaltungs- oder ehemaligen Schulgebäuden etc. ist die ansässige Bevölkerung in die Entscheidung der Kommune im Sinne einer partizipativen Mitsprache einzubeziehen.
  • Der Wechsel der Flüchtlinge von Notunterkünften in Wohnungen soll möglichst rasch erfolgen, um so durch die dezentrale Unterbringung eine Ghettobildung zu vermeiden und die Integration zu fördern. Das Entstehen sozialer Brennpunkte ist zu vermeiden. Gleichzeitig sind stabile Nachbarschaften zu fördern und zu erhalten. Wenn das Zusammenleben gelingen soll, ist es mit der Versorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden mit einer Immobilie allein aber nicht getan. Insbesondere ist innerhalb der Notunterkünfte, aber auch in ihrem Umfeld, für die Sicherheit aller Bewohner und Nachbarn zu sorgen. Eine medizinische und psychologische Begleitung der oft traumatisierten Menschen ist zu gewährleisten.
  • Die Integration durch Sprachkurse, Arbeitsmöglichkeiten (Arbeitserlaubnis), Schule und kulturelles Lernen, Freizeitangebote (wozu auch Nachbarschaftstreffs gehören), ist ebenfalls langfristig zu fördern. So sind die Hilfsangebote kommunaler Träger, von Wohlfahrtsverbänden oder Bürgerinitiativen vor Ort verstärkt zu fördern und durch Fachkräfte (z. B. Sozialarbeiter, Psychologen, auch sogenannte Integrationslotsen) finanziell zu unterstützen. Zur Entstehung solcher Initiativen sollen Anreize entwickelt werden. Die Angebote sind auf Flüchtlinge/Migranten wie auf Anwohner gleichermaßen abzustellen.
  • Einer Verschärfung schon bestehender Wohnungsengpässe muss vorgebaut werden. Der Bau und Umbau geeigneter Immobilien ist durch die rasche Erteilung von Baugenehmigungen und Zurverfügungstellung günstigen Baulands zu fördern. In Ballungsgebieten ist der Bau von Sozialwohnungen zu beschleunigen – in Regionen mit entspannten Wohnungsmärkten sind geeignete leer stehende Wohnimmobilien bevorzugt zu nutzen.
  • Die Verteilung der Flüchtlinge und Asylsuchenden ist durch Abstimmung auf Länderebene und unter den Kommunen möglichst regionsbezogen zu lösen, um die Lasten entsprechend dem Leistungsvermögen der Kommunen zu verteilen.

Deutschland ist in der Lage

Weltweit sind nach Angaben der Vereinten Nationen derzeit mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Rund 50 % der Flüchtlinge sind Kinder. Im vergangenen Jahr (2015) kamen rund 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland. Dies geht aus der Asylstatistik für 2015 hervor. Die Zahl der tatsächlich gestellten Asylanträge lag mit knapp 477.000 deutlich niedriger. Dies liegt daran, dass es oft sehr lange dauert, bis ein eingereister Flüchtling einen Asylantrag stellen kann. Gleichwohl wurde die höchste Zahl an Asylanträgen registriert, die es je in einem Jahr in Deutschland gab. Selbst bei einem so deutlichen Anstieg ist jedoch davon auszugehen, dass Deutschland bei der Integration von Flüchtlingen nicht überfordert ist.

Interessen aller Betroffenen müssen ernst genommen werden

Die Bevölkerung Deutschlands ist trotz punktueller rassistischer und fremdenfeindlicher Ereignisse insgesamt offen für die Aufnahme von Zuwanderern, was sich an der Vielzahl bürgerschaftlichen Engagements in diesem Bereich zeigt. Damit dies auch künftig so bleibt, müssen die berechtigten Interessen aller Betroffenen gleichermaßen ernst genommen werden. Der Verband Wohneigentum e.V. steht als Partner der politischen Verantwortungsträger zur Verfügung, denn die Herausforderungen durch kriegs- und krisenbedingte Zuwanderung können nur im Einvernehmen von Politik und Bevölkerung bewältigt werden.