Grundsteuerreform: Wird die neue Grundsteuer ab 2025 teurer?

Viele Bürgerinnen und Bürger haben die Sorge, dass die Grundsteuerreform die Kosten fürs Wohnen weiter in die Höhe treibt. Wir erklären, warum es dabei vor allem auf den Hebesatz in Ihrer Stadt ankommt, was das Land NRW gegen eine Verteuerung des Wohnens bei der Grundsteuer tun kann und warum ein Einspruch nicht unbedingt vor höheren Kosten schützt.

Männliche Hand stapelt Geld-Turm (Euro). Begriff an Baustein: Hebesatz, um die mögliche Verteuerung der neuen Grundsteuer zu verdeutlichen.  © MQ-Illustrations – stock.adobe.com
Der Hebesatz ist der Steuersatz für die Grundsteuer in Ihrer Stadt und ist entscheidend für die Höhe der Grundsteuer.  

Wer die Bescheide für die neue Grundsteuer vom Finanzamt in den Händen hält, ist meist erst einmal ratlos. Denn das Zahlenwirrwarr enthält keine Information über die Höhe der ab 2025 zu zahlenden Grundsteuer. Was man konkret zahlen muss, wird vermutlich erst 2025 bekannt werden. Denn erst dann steht auch der Hebesatz Ihrer Stadt – quasi der lokale Steuersatz – fest.

Allein schon deshalb fürchten viele, dass sie ab 2025 mehr für die Grundsteuer zahlen müssen. Sie wollen sich mit einem Einspruch vor zu hohen Kosten schützen und bauen auf den Erfolg der angekündigten Musterklagen.

 

Grundsteuer-Appell: Reform nicht für Steuererhöhungen nutzen

Entscheidender wird aber sein, dass die Städte ihr Versprechen halten und die Grundsteuerreform aufkommensneutral gestalten. Das heißt im Klartext: Die Städte nutzen die Reform nicht, um bei der Grundsteuer mehr Geld einzunehmen.

Der Verband Wohneigentum NRW hat deshalb im Februar 2023 alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in NRW angeschrieben und sie aufgefordert, ihr Versprechen zu erneuern und eine Selbstverpflichtung für eine aufkommensneutrale Umsetzung der Reform zu beschließen. Außerdem haben wir gefordert, beim Umbau des Grundsteuersystems bis 2025 größtmögliche Transparenz walten zu lassen.

Im Schreiben unseres Vorsitzenden Peter Preuß heißt es dazu: „Es wird teilweise deutliche individuelle Veränderungen bei der Grundsteuerlast geben – das entspricht der Forderung des Bundesverfassungsgerichts. Trotzdem muss das Gebot der Aufkommensneutralität gelten: Die Grundsteuerreform darf nicht zur Steuererhöhung durch die Hintertür werden.“ Weiter sagt Preuß: „Auch wenn heute niemand prognostizieren kann, wie hoch ein aufkommensneutraler Hebesatz in Ihrer Kommune sein wird – es ist jetzt wichtig, dass Sie sich zur Umsetzung aufkommensneutraler Hebesätze für 2025 sowie zu jeder weiteren Hauptfeststellung verpflichten.“

Laden Sie den Brief „Grundsteuerreform: Selbstverpflichtung zur Umsetzung neutraler Hebesätze“ herunter, den wir an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geschickt haben.

Forderung an die Landesregierung: Anpassung der Steuermesszahlen für Wohngebäude

Es liegt aber nicht allein in der Hand der Städte, einen Anstieg der Wohnkosten durch die Grundsteuerreform zu verhindern. Inzwischen wird befürchtet, dass es in NRW zu einer Verschiebung der Grundsteuerlast zugunsten von Gewerbeimmobilien und zulasten von Wohngebäuden kommt. Der Grund: Gewerbeimmobilien werden nach dem sogenannten Sachwertverfahren bewertet, Wohnimmobilien nach dem Ertragswertverfahren. Während die Steuerwerte für viele Wohngrundstücke steigen, bleiben sie für Gewerbeimmobilien in der Tendenz auf einem gleichen Niveau oder sinken sogar.

Das Problem daran: Kommt es zu einer Verschiebung im Verteilschlüssel für die Grundsteuer zulasten von Wohngrundstücken, treibt das die Kosten fürs Wohnen in die Höhe – und das selbst bei einer aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform in den einzelnen Städten. Die Folge: Für Häuser und Wohnungen gäbe es Aufschläge, während die Abgabe für einen Betrieb oder eine Lagerhalle sinken würde. Betroffen wären nicht nur selbstnutzende Wohneigentümerinnen und -eigentümer, sondern auch Mieter – sie zahlen die Grundsteuer in der Regel nämlich über die Nebenkosten.

Am Ende müssten also – selbst bei der versprochenen Aufkommensneutralität – Mieter und Wohneigentümer die Zeche für diese Reform zahlen. „Das halten wir gerade in der aktuellen Situation für eine fatale Entwicklung“, sagt Verbandschef Peter Preuß. Er fordert deshalb: „Es ist dringend notwendig, dass das Land diese mögliche Lastenverschiebung in NRW analysiert. Bestätigt sich unsere Befürchtung, sollten die Steuermesszahlen für Wohnimmobilien gesenkt werden. Denn die Grundsteuerreform darf nicht zu dem Ergebnis führen, dass Wohnen noch einmal teurer wird. Es wäre fatal, wenn Mieter und Wohneigentümer die Zeche für die neue Grundsteuer zahlen müssten.“

Wie fallen die Reaktionen auf unsere Forderungen aus?

Auf unseren Appell, sich zur aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform zu verpflichten, kamen aus den Städten verhaltene Reaktionen. Weniger als 20 Städte haben überhaupt auf unser Schreiben reagiert. Der grundsätzliche Tenor: Eine Selbstverpflichtung könne man aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht beschließen. Der Präsident des Städte- und Gemeindebunds NRW kommentierte in der Rheinischen Post: „Keine Kommune wird die Grundsteuerreform an sich zum Anlass nehmen, das Aufkommen zu erhöhen.“ Corona-Folgen, Energiekrise, Flüchtlingsunterbringung oder der kommende Rechtsanspruch auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung setzten die kommunalen Haushalte aber unter Druck. Deshalb sagt er: „Es wäre schlichtweg unseriös, für 2025 oder darüber hinaus Versprechungen zu machen, man werde keine Steuern erhöhen.“

Positiver waren hingegen die Reaktionen auf unsere Forderung, die Umstellung der Grundsteuer in NRW für die Bürgerinnen und Bürger transparent zu gestalten. Das Finanzministerium NRW hatte bereits im Vorfeld der Reform angekündigt, für jede Stadt in NRW die Höhe der neutralen Hebesätze zu ermitteln.

Auch das Finanzministerium NRW reagierte bislang zurückhaltend auf unsere Forderung, die mögliche Lastenverschiebung von Gewerbeimmobilien hin zu Wohngebäuden zu analysieren. Zu unserer Befürchtung könne man aktuell keine Aussagen treffen. Die Forderung nach einer Analyse und – wenn nötig – auch einer Anpassung der Steuermesszahlen wird wiederum von den Städten und Gemeinden begrüßt. Der Städtetag NRW betonte zwar, dass die bisher vorliegenden Daten noch nicht aussagekräftig genug seien. Man fürchte aber auch eine Lastenverschiebung zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken. Das müsste das Land verhindern – zumindest solange sich die Befürchtungen in der Fläche bewahrheiten.

Warum schützen Einsprüche und Musterklagen nicht vor einer höheren Grundsteuer?

Die Einsprüche und Musterklagen richten sich gegen den Grundsteuerwert sowie den Grundsteuermessbetrag – also quasi den Verteilschlüssel für die neue Grundsteuer. Wie hoch die Grundsteuer am Ende sein wird, entscheidet aber der Hebesatz Ihrer Stadt. Im Umkehrschluss heißt das: Ein niedriger Grundsteuerwert bringt Ihnen wenig, wenn der Hebesatz entsprechend höher ausfällt. Hinzu kommt: Mit einem Einspruch gegen den Grundsteuerwert können Sie sich den Rechtsweg für einen begrenzten Zeitraum offenhalten. Dass angefochtene Bescheide rückwirkend geändert werden, wenn die Klagen gegen das Grundsteuermodell des Bundes Erfolg haben sollten, halten aber selbst viele der Musterkläger für unrealistisch.

Außerdem: Ob Sie von einer Veränderung des Bewertungsmodells im Zuge der potenziellen Musterklagen profitieren oder sogar Nachteile haben, lässt sich noch nicht abschätzen. Klar ist aber: Jede Veränderung an der Verteilungssystematik hat Gewinner und Verlierer.

Wie Sie Ihren Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuerwerts prüfen und in welchen Fällen ein Einspruch sinnvoll ist, können Sie hier nachlesen.

Wer wird in Zukunft mehr Grundsteuer zahlen müssen?

Grundsätzlich gilt, dass sich die Grundsteuer für viele Einwohnerinnen und Einwohner verändern wird. Das bedeutet allerdings nicht, dass es für alle teurer wird. Tatsächlich ist es sogar möglich, dass sie in Zukunft weniger zahlen müssen als bisher. Ob sie mehr zahlen müssen oder nicht, lässt sich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht sicher beantworten. Aber anhand der Faktoren, die künftig für die Berechnung von entscheidender Bedeutung sind, lässt sich eine grobe Richtung einschätzen. Dazu erhalten Sie im folgenden Abschnitt nähere Informationen.

Es kann aber auch andersherum sein: Selbst, wenn es zu keiner Steuererhöhung im Zuge der Grundsteuerreform kommt und die Lastverschiebungen korrigiert werden, werden einzelne Bewohnerinnen und Bewohner mehr Grundsteuer zahlen müssen als bislang. Das liegt in diesen Fällen zumeist daran, dass ihre Immobilien bislang unterdurchschnittlich bewertet wurden. Bei wem es zu diesen Verschiebungen kommt, ist im Einzelfall von verschiedenen Faktoren abhängig. Aber gerade Häuser, die vor 1950 gebaut wurden und bei denen der Grundsteuermessbetrag nicht z.B. im Zuge von Baumaßnahmen angepasst wurde, kommt es häufig zu einem Anstieg.

Wie Sie Ihre neuen Grundsteuer-Bescheide vom Finanzamt (die sogenannten Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide) einordnen können und auf mögliche Fehler überprüfen können, lesen Sie hier nach.

Wie erkenne ich, wie viel Grundsteuer ich ab 2025 zahlen muss?

Wie eingangs schon erwähnt: Heute kann Ihnen noch niemand sagen, wie viel Grundsteuer Sie ab 2025 zahlen müssen. Damit Sie ein grobes Gefühl dafür bekommen, wie hoch in Zukunft die Mehrbelastung für Sie ausfallen könnte, hilft aber eine kurze Beispielrechnung. Dafür benötigen Sie Ihren alten sowie den neuen Steuermessbetrag und zusätzlich den Hebesatz Ihrer Kommune. Die Steuermessbeträge finden Sie auf dem zweiten Bescheid des Finanzamtes und dem jährlichen Grundsteuerbescheid Ihrer Kommune. Den Hebesatz für die Grundsteuer B können Sie auf der Website Ihrer Kommune nachlesen. Diese Werte können sie nun miteinander multiplizieren: Steuermessbetrag x Hebesatz = jährliche Grundsteuer.

Hier ein Beispiel:

Angenommen: Ihr alter Steuermessbetrag lag bei 50 Euro und der Hebesatz Ihrer Kommune liegt bei 640 Prozent. Daraus ergibt sich eine bisherige Grundsteuer von: 50 Euro x 640 Prozent = 320 Euro. Würde der neue Steuermessbetrag bei 75 Euro liegen, würde dies nach der Rechnung 75 Euro x 640 Prozent = 480 Euro ergeben. Das heißt, Sie würden in Zukunft 480 Euro statt 320 Euro für die Grundsteuer zahlen müssen, was einer Mehrbelastung von 160 Euro entspräche – vorausgesetzt, Ihre Kommune passt die Hebesätze nicht an.

Was ist der Hebesatz für die Grundsteuer?

Der Hebesatz ist der Steuersatz für die Grundsteuer in Ihrer Stadt. Er entscheidet am Ende über die Höhe Ihrer Grundsteuer. Er wird vom Rat Ihrer Stadt erlassen. Dadurch unterscheidet sich die durchschnittliche Grundsteuer pro Kopf von Stadt zu Stadt enorm. Hebesätze werden in Prozentpunkten angegeben. Hat Ihre Stadt einen Hebesatz von 300 Prozent, müssen Sie Ihren Steuermessbetrag mal drei nehmen. Das ergibt Ihre jährliche Grundsteuer. Die Hebesätze können von Ihrer Kommune übrigens von Jahr zu Jahr verändert werden. Welcher Hebesatz 2025 für die „neue Grundsteuer“ gilt, steht deshalb noch nicht fest.

Die lokalen Hebesätze sind übrigens aus zwei Gründen von Stadt zu Stadt unterschiedlich: Zum einen ist die Bewertungsgrundlage unterschiedlich. Um das gleiche Geld bei der Grundsteuer einzunehmen, müssen Städte mit einem niedrigeren Wertniveau tendenziell höhere Hebesätze nehmen. Städte mit einem hohen Wertniveau nehmen allerdings schon mit vergleichsweise niedrigen Hebesätzen viel Geld ein. Der zweite Grund: Die Grundsteuer fließt vollständig an die jeweilige Gemeinde. Und damit ist sie in der Regel auch eine der wichtigsten Einnahmequellen, die Kommunen für ihre Gemeindekasse haben. Die jährliche Festlegung des Hebesatzes zur örtlichen Erhöhung oder Senkung der Grundsteuer fällt dabei unter das Recht der kommunalen Selbstverwaltung: Weder die Landes- noch die Bundesregierungen sind dazu berechtigt, dieses Recht der Kommunen einzuschränken oder sie zu beeinflussen.

Die Grundsteuerreform wurde einkommensneutral geplant – das heißt, dass die Gesamteinahmen nach der Reform nicht höher ausfallen sollen als vor der Reform. Damit dies gelingt, hat die Kommunalpolitik versprochen, die Hebesätze entsprechend anzupassen. Doch mittlerweile regen sich berechtigte Zweifel, ob sich die Städte an dieses Versprechen halten werden. Denn dem Versprechen steht die harte Realität in vielen Gemeinden entgegen: Die Gemeindekassen sind oft knapp, die Krisen und die Inflation haben diese Situation zusätzlich verschärft.

Warum wurde die Grundsteuer überhaupt reformiert?

Die Grundsteuerreform ist in erster Linie die überfällige Behebung eines schon lange bestehenden Missstands. Denn bisher wurde die Grundsteuer auf der Basis völlig veralteter Einheitswerte berechnet. Dieser Einheitswert basiert in NRW nämlich auf den Wertverhältnissen von 1964. In der Praxis führte das dazu, dass viele eigentlich gleichwertige Grundstücke unterschiedlich bewertet wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Umstand 2018 aufgrund mehrerer Klagen bestätigt und festgestellt: Die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer ist seit spätestens 2002 verfassungswidrig. Die massiven Verzerrungen in der Bewertungsgrundlage verstoßen demnach gegen den Gleichheitsgrundsatz. Bis spätestens 2025 musste dieser Missstand nun behoben werden. Die Bundesregierung brachte daher die Grundsteuerreform auf den Weg.

Wussten sie schon?

Damit die Grundsteuerwerte auch in Zukunft fair und realistisch bleiben, werden Sie als Eigentümer künftig in die Pflicht genommen. Wenn Veränderungen an Ihrem Grundstück oder Ihrem Gebäude vorgenommen werden, die einen signifikanten Einfluss auf den Grundsteuerwert haben, dann müssen diese in Zukunft dem Finanzamt gemeldet werden! Dies gilt auch für Veränderungen, die den Wert Ihrer Immobilie senken.

Ihr Ansprechpartner:
Jan Koch – Politikreferent