Schon seitdem feststeht, wie die neue Grundsteuer im sogenannten Bundesmodell berechnet werden soll, gibt es Kritik an diesem Verfahren. Viele halten das Bewertungsmodell, das in den meisten Bundesländern angewandt wird, für verfassungswidrig. Im April 2023 kam durch ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Gregor Kirchhof neuer Wind in die Debatte. In dem Gutachten, das der Bund der Steuerzahler sowie Haus & Grund in Auftrag gegeben haben, wird unter anderem der Ansatz der Bodenrichtwerte, die Verwendung der pauschalen Nettokaltmieten, die fehlende Berücksichtigung individueller Grundstücksmerkmale oder die Unklarheit über die spätere Höhe der zu zahlenden Grundsteuer beanstandet.
Das Gutachten soll Grundlage für mehrere Musterklageverfahren sein – bislang sind aber noch keine Musterklagen zur neuen Grundsteuer vor einem Gericht eingereicht worden. Sich auf solche Verfahren beziehende Einsprüche müssen von den Finanzämtern auch erst dann ruhend gestellt werden, wenn die Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Bundesfinanzhof geführt werden. Bis das der Fall sein wird, wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. Bislang sind lediglich einige individuelle Klagen gegen die neue Grundsteuer im Bundesmodell vor einigen Finanzgerichten anhängig. Der Bund der Steuerzahler sowie Haus & Grund streben nun eine Untätigkeitsklage gegen die Finanzbehörden an, weil über ihre Einsprüche bislang noch nicht entschieden wurde – dadurch ist bislang auch der Klageweg versperrt.
Generll sind die Erfolgsaussichten von „pauschalen“ Einsprüchen wegen der fehlenden Klagen weiterhin ungewiss. Allerdings haben die Finanzämter in NRW inzwischen angekündigt, Einsprüche, die sich gegen die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer richten, vorerst nicht zu bearbeiten und entsprechende Gerichtsentscheidungen abzuwarten.
Wichtig ist auch: Die Musterklagen richten sich gegen das Bewertungsmodell und damit gegen den Verteilungsmaßstab für die Grundsteuer. Sind die Klagen erfolgreich, führt das zu erneuten Verschiebungen bei diesem Verteilungsmaßstab, von denen einige Eigentümerinnen und Eigentümer profitieren, andere aber auch Nachteile haben würden.
Weiter unten erklären wir, was im Detail am Bundesmodell für die Grundsteuer kritisiert wird und wer von den Musterklagen profitiert.
Übrigens: Damit die Grundsteuerreform die Kosten für’s Wohnen nicht generell in die Höhe treibt, sind die kommunalen Hebesätze noch einmal wichtiger als das Bewertungsmodell. Deshalb haben wir uns an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in NRW gewandt und sie dazu aufgefordert, sich zur aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform zu bekennen. Außerdem fordert der Verband Wohneigentum NRW, die Steuermesszahlen für Wohngebäude zu senken. Denn aktuell mehren sich die Befürchtungen, dass es im Zuge der Grundsteuerreform zu einer massiven Kostenverschiebung zu Lasten von Wohngrundstücken und zugunsten von Gewerbeimmobilien kommt. Wir fordern deshalb: Die Grundsteuerreform darf nicht dazu führen, dass Wohnen noch einmal teurer wird. Es wäre fatal, wenn Mieter und Wohneigentümer die Zeche für die neue Grundsteuer zahlen müssen.