Mieter sind für alte Schäden haftbar – solange sie nicht ausgezogen sind

Auch für über 30 Jahre alte Schäden können Mieter haftbar gemacht werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Voraussetzung dafür: Der Mieter hat die Wohnung noch nicht zurückgegeben.

Renovierungsbedürftiges Bad im Altbau  © megakunstfoto – stock.adobe.com
Nicht immer sind durch Mieter verursachte Schäden so direkt sichtbar. Ist der Mieter noch nicht ausgezogen, kann ihn der Vermieter 30 Jahre lang haftbar machen. 

Wer aus einer gemieteten Wohnung oder einem Haus wieder auszieht, der muss – so das Gesetz – die Mietsache in einem ordnungsgemäßen Zustand wieder übergeben. Das gilt auch für Schäden, die wohl ursächlich auf Handeln des Mieters zurückzuführen sind, aber bisher noch nicht sichtbar wurden.

Immer wieder taucht die Frage auf, ob ein Schadenersatzanspruch seitens des Vermieters verjährt ist oder nicht. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes schafft nun Klarheit in der Sache.

Schadensersatzansprüche können selbst für Schäden geltend gemacht werden, deren Ursache länger als 30 Jahre zurückliegen und auf Mieter zurückzuführen sind, die immer noch in der Wohnung leben oder vor Kurzem erst ausgezogen sind.

Zum Hintergrund: Mitte der 80er-Jahre hatte eine Mieterin ein Badezimmer in der von ihr gemieteten Wohnung saniert. Dabei wurde jedoch nicht fachgerecht gearbeitet. Im Jahr 2016 – und damit 32 Jahre nach der Sanierung – trat plötzlich Wasser in der darunterliegenden Wohnung aus.

Ein durch den Vermieter im Anschluss an diesen Vorfall in Auftrag gegebenes Gutachten stellte fest: Mehrere Deckenbalken waren massiv geschädigt, weil Feuchtigkeit aufgrund einer fehlenden Abdichtung des sanierten Badezimmers in die Decke eingedrungen war. Der Vermieter verklagte daraufhin die Mieterin, genauer gesagt deren Erben und gleichzeitig aktuelle Mieter besagter Wohnung, da die Mieterin in der Zwischenzeit verstorben war. Die Höhe der Schadensersatzforderung: 37.000 Euro.

Die beklagten Mieter vertraten die Auffassung, der Schaden sei verjährt. Ihr Argument: § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB. Dieser Artikel legt die Verjährungsfrist auf maximal 30 Jahre fest. Da die Sanierung aber 32 Jahre zuvor erfolgte, sei keine Grundlage mehr für einen Schadensersatzanspruch gegeben. Amts- und Landgericht stimmten der Auffassung der Beklagten zu.

Anders sah die Sache jedoch der Bundesgerichtshof. Er hob das Urteil von Amts- und Landgericht wieder auf und delegierte den Fall an das Landgericht zurück. Die Begründung: In seinem Urteil vom 31. August 2022 (BGH, Urteil v. 31.8.2022, VIII ZR 132/20) hob der Bundesgerichtshof hervor, dass die mietrechtliche Sonderreglung des § 548 Abs. 1 BGB Vorrang gegenüber den von den Beklagten in Anspruch genommenen Paragraphen habe.

Die mietrechtliche Sonderregelung legt fest, dass die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt beginnt, an dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Der Zeitpunkt der Entstehung des Schadens ist dabei unerheblich.

Da die Mieter beziehungsweise deren Erben die Wohnung weiterhin bewohnen, begann die Verjährungsfrist noch gar nicht. Die Vermieter konnten folglich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ihren Schadensersatzanspruch geltend machen.

Das Landgericht muss noch prüfen, ob die Mieterin bzw. deren Erben oder vorrangig die Gebäudeversicherung für den Schaden einstehen muss.

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Rechtsanwalt Stephan Dingler