Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt ohne Testament?

Die meisten Bürger versterben hierzulande, ohne ein Testament zu hinterlassen. Das bedeutet, sie werden ihren Nachlass deshalb nach der gesetzlichen Erbfolge weitergeben. Warum Ehepartner bei diesem Modell besonders auf der Hut sein sollten, wie man mit geerbten Schulden umgeht und welche Anteile die gesetzliche Erbfolge für wen innerhalb der Familie vorsieht.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn kein Testament oder ähnliches vorliegt
  • Grundprinzip: Die nächsten Verwandten erben zuerst
  • Ehepartner sind nicht verwandt, deshalb nicht als Alleinerbe vorgesehen
  • Auch Schulden können in der gesetzlichen Erbfolge weitergegeben werden
  © MDBPIXS - stock.adobe.com
In vielen Familien gibt es kein Testament oder Ähnliches - und dann gilt die gesetzliche Erbfolge. 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn kein Testament oder ähnliches vorliegt
  • Grundprinzip: Die nächsten Verwandten erben zuerst
  • Ehepartner sind nicht verwandt, deshalb nicht als Alleinerbe vorgesehen
  • Auch Schulden können in der gesetzlichen Erbfolge weitergegeben werden

Was besagt die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge kommt dann zum Einsatz, wenn der oder die Verstorbene kein Testament, Vermächtnis  oder Erbvertrag hinterlassen hat. Der Nachlass wird dann mit Hilfe der gesetzlichen Erbfolge geregelt. Die gesetzliche Erbfolge ist hierarchisch aufgestellt und folgt dem Verwandtschaftsgrad der Familienmitglieder. Wer wann wieviel erbt, hängt davon ab, wie nah er oder sie mit dem Erblasser verwandt ist. Als Grundlage zur Ermittlung der Erbfolge dient der Stammbaum der Familie. Dieser liefert Erkenntnisse darüber, wer in welcher Beziehung zu wem steht und welche Ordnungsfolge sich daraus für den Grad der Verwandtschaft ergibt.

Die Grundregel bei der Erbfolge: Ohne Testament  erben die engsten Verwandten zuerst. Achtung: Ehepartner gehören hier nicht automatisch als Alleinerbe dazu.

Wie ist die Reihenfolge beim Erben ohne Testament?

  • Zunächst erben die Verwandten der 1. Ordnung (§ 1924 BGB): Kinder des Erblassers, auch Adoptivkinder und Enkelkinder
  • Dann erben die Verwandten der 2. Ordnung (§ 1925 BGB): Eltern des Erblassers, Geschwister und Nichten und Neffen; auch geschiedene Elternteile der verstorbenen Person sind Erben zweiter Ordnung
  • Zu guter Letzt erben die Verwandten der 3. Ordnung (§ 1926 BGB): Großeltern des Erblassers, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen

Die gesetzliche Erbfolge im Schaubild : Diese Ordnungen gibt es

Tipp: Machen Sie eine Skizze Ihres Stammbaumes. Wer wäre nach dem Gesetz erbberechtigt. Passt das für Sie? Oder wollen Sie bestimmte Menschen oder gar Organisationen besonders bevorzugen? Dann sollten Sie ein Testament machen. Ein Testament hebelt die gesetzliche Erbfolge aus. In der Regel steht den engsten Verwandten/Pflichtteilberechtigten jedoch ein so genannter Pflichtanteil zu.

So hängen Pflichtteil und gesetzliche Erbfolge zusammen

Der Pflichtteil – also der Mindestanteil am Erbe – wird an die engen Familienangehörigen ausgezahlt, wenn sie nicht vom Testament oder Erbvertrag bedacht wurden. Die Ausgeschlossenen haben also trotz einem anders lautenden letzten Willen ein Anrecht auf einen gewissen Erbanteil.

Wer wie viel als Pflichtteil bekommt, hängt mit der gesetzlichen Erbfolge und dem daraus folgenden Ordnungsprinzip zusammen. Ein Beispiel zu der Berechnung des Pflichtteils gibt es im Artikel „Erbschaft: Wann der Pflichtteil fällig wird.“

Wer erbt, wenn der Ehepartner ohne Testament stirbt?

Die Ehepartner haben in dem Konstrukt der gesetzlichen Erbfolge eine nachteilige Sonderposition, da sie nicht mit dem Erblasser verwandt sind bzw. keine gemeinsamen Vorfahren haben. Ohne Testament steht dem Ehepartner entsprechend nicht das volle Erbe zu, da die Kinder immer auch bedacht werden. 

Wie hoch die Erbquote – also der Anteil an der Erbmasse ist – hängt von der Art des  Ehevertrags ab. Die meisten leben ohne extra Ehevertrag und sind Teil einer so genannten Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet in der Konsequenz, der Ehepartner teilt sich ohne ein extra Testament das Erbe zu 50 Prozent mit dem Kind oder den Kindern. Dabei besteht das Erbe für den Ehepartner automatisch zu 25 Prozent als Anteil aus dem sogenannten Zugewinnausgleich. Vorteil: Dieser Zugewinnausgleich muss nicht extra versteuert werden. 

Achtung: Viele Ehepartner wissen zum Beispiel nicht, dass sie durch gesetzlich vorgegebene Erbfolge nicht mehr als ¾ des Nachlasses erben können, solange beispielsweise noch eine Nichte vom Erblasser lebt. 

Tipp: Häufig nutzen Ehepartner deshalb das Berliner Testament , um sich gegenseitig als Alleinerbe einzusetzen. 

 

Was erben Geschwister, wenn kein Testament vorliegt?

Die Geschwister des Erblassers bzw. des Verstorbenen sind nicht sofort automatisch erbberechtigt, wenn kein Testament vorliegt. Denn die Geschwister sind Erben 2. Ordnung. Das heißt, laut gesetzlicher Erbfolge erben zunächst die Kinder (1. Ordnung) und anteilig der Ehepartner den Nachlass. Erst wenn kein Verwandter der 1. Ordnung mehr da ist, dann kommen die Geschwister und/oder Eltern des Verstorben an die Reihe. 

Die Aufteilung ist so, dass die Geschwister sich das Vermögen jeweils teilen. Sollte noch ein Elternteil oder gar beide Eltern des Verstobenen da sein, dann wird es komplizierter. 

Beispiel: Ein Mensch stirbt (ohne Testament) 

Fall 1: Keine Kinder, kein Ehepartner mehr, keine Eltern – aber zwei Brüder: Beide Brüder teilen sich das Erbe 50:50

Fall 2: Keine Kinder, kein Ehepartner mehr – aber ein Vater und zwei Brüder. Vater erhält 50 Prozent, die Brüder jeweils 25 Prozent des Erbes

Fall 3: Keine Kinder, kein Ehepartner mehr, aber ein Vater und eine Mutter - und zwei Brüder. Dann erhalten Vater und Mutter jeweils 50 Prozent. Die Brüder nichts.

Gesetzliche Erbfolge und Schulden im Nachlass

Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er ohne Testament oder Erbvertrag mitunter nicht nur ein Vermögen, sondern auch Schulden. Nach der gesetzlichen Erbfolge müssten diese Verpflichtungen von den nächsten Familienangehörigen übernommen werden. 

Das Nachlassgericht ermittelt mögliche Verwandte und schreibt diese dann nach dem Prinzip der gesetzlichen Erbfolge an. Das ist besonders dann relevant, wenn noch offene Rechnungen für Beerdigungen oder Heimunterbringungen offen sind. Oder wenn zum Beispiel eine nicht abbezahlte Immobilie zum Nachlass gehört. 

Tipp: Wenn Sie zu den gesetzlich ermittelten Erben zählen und nicht genau wissen, was da auf Sie zukommt, dann können Sie das Erbe ausschlagen. Dazu haben Sie nur sechs Wochen Zeit nach Erhalt des Briefes vom Nachlassgericht.

Fazit: Wann kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zuge?

Immer dann, wenn einer ohne Testament, Erbvertrag oder Vermächtnis stirbt, dann kommt die gesetzliche Erbfolgezum Zuge. Zu einer Erbmasse gehören nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden. Die Erbmasse wird entsprechend an die rechtmäßigen Erben verteilt.

Als Grundlage zur Ermittlung der Erben dient der Stammbaum der Familie des Verstorbenen. Die Reihenfolge der Erben wird nach Verwandtschaftsgraden systematisiert. Grundregel: Die nahestehenden Verwandten erben in der gesetzlichen Erbfolge zunächst. Vor allem Kinder – und Ehepartner teilen sich das Erbe zuerst

Bei den Ehepartnern spielt für die Erbquote eine Rolle, ob diese steuerrechtlich eine Gütetrennung oder Zugewinnausgleich vereinbart haben. Sind die Erben 1. Ordnung nicht mehr da, kommen die Erben 2. (Eltern/Geschwister) und 3. Ordnung (Großeltern, Tanten/Onkel und Cousinen/Cousins) dran. 

 

Häufige Fragen zum Thema gesetzliche Erbfolge

Erbe ich in der gesetzlichen Erbfolge auch die Schulden?

Was kann ich tun, wenn ich das Erbe nicht antreten will?

Was passiert mit dem Erbe, wenn der Ehepartner ohne Testament stirbt?

Wer erbt in der gesetzlichen Erbfolge, wenn eine Immobilie zum Nachlass gehört?