Sind Anliegerkosten absetzbar?

Hauseigentümer werden nicht selten zur Kasse gebeten, wenn „ihre" Straße oder der Kanal saniert werden. Ob man solche Kosten oder Beiträge steuerlich geltend machen kann, war bislang umstritten. Doch neuere Urteile zeigen, dass es doch eine Chance für Eigentümer gibt, sich zumindest einen Teil der Kosten über die Einkommenssteuer zurückzuholen. Details erklärt Verbandsanwalt Michael Dröge im Interview mit Anna Florenske.

Einfamilienhaus in einer Siedlung  © Lulu Berlu – stock.adobe.com
Hausbesitzer können Anliegerkosten zum Teil bei der Steuererklärung geltend machen. 

Herr Dröge, wie hoch sind die Belastungen in etwa für ein Einfamilienhaus?

Anliegerkosten in Form von Erschließungs- oder Straßenbaubeiträgen können Anlieger durchaus empfindlich treffen. Erschließungsbeiträge sind die Kosten für den Erstausbau einer Straße. Straßenbaubeiträge sind Kosten für eine bestehende Straße, die verbessert und erneuert wird. Erschließungsbeiträge können jedoch nicht nur Anwohner in einem Neubaugebiet treffen, vielmehr sind Fälle bekannt, in denen nach 70 oder 80 Jahren die Kommunen zum ersten Mal eine Abrechnung für die Straße erstellten und die dann im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der Grundstücke entlang dieser Straße in Anspruch nahmen. Hierbei können schnell Kosten zwischen 5.000 und 8.000 Euro und in einzelnen Fällen, bei besonders großen Grundstücken, sogar höhere Beträge entstehen.

Können solche Kosten bei der jährlichen Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden – oder nicht?

Die Frage, ob man diese Beiträge steuerlich absetzen kann ist immer noch umstritten. Hintergrund ist hier, dass der Bürger von der Kommune einen Bescheid enthält, in dem ein einzelner Betrag genannt wird, dessen Berechnung sich allein auf die so genannte Umlage der insgesamt entstandenen Kosten für die Baumaßnahme bezieht. Hierbei wird in der Regel die Kostenquote für einen einzelnen Quadratmeter der so genannten Erschließungsfläche ermittelt und für das betroffene Grundstück mit der Grundstücksgröße mit dem so genannten Bebauungsfaktor multipliziert. Dies hat dazu geführt, dass Finanzverwaltungen und in der Vergangenheit auch Finanzgerichte die Absetzbarkeit bestritten haben.

Mit welchen Argumenten wurde Hausbesitzern die Steuerermäßigung verweigert?

Die Finanzverwaltungen haben in der Vergangenheit in strenger Gesetzesauslegung darauf bestanden, dass eine Absetzbarkeit nur gegeben sei, wenn die in der Maßnahme enthaltenen Arbeitskosten exakt und präzise ausgewiesen würden. Diese Anforderung ist jedoch so überzogen, dass einhellig die Meinung besteht, dass die Beschaffung einer solchen detaillierten Abrechnung für die Bürger unmöglich ist. Daher wurde in der Vergangenheit faktisch den Bürgern eine berechtigte Steuervergünstigung entzogen, ohne dass die Bürger Einfluss darauf gehabt haben, eine Veränderung der Rechnung derart herbeizuführen, dass sie nach den allgemeinen Grundsätzen absetzbar würde.

Können Wohneigentümer dagegen vorgehen?

Die Finanzverwaltung hat mittlerweile aufgrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes akzeptiert, dass es bei diesen Maßnahmen nicht darauf ankommt, ob die Aufwendungen nur das Privatgrundstück oder auch den angrenzenden öffentlichen Grund betreffen. Dennoch wird die steuerliche Geltendmachung der Beträge von den Verwaltungen noch immer mit dem alten Argument verweigert, die Arbeitskosten seien nicht gesondert ausgewiesen. In der Zwischenzeit haben jedoch einige Bürger erfolgreich gegen diese Auffassung geklagt und so unter anderem Entscheidungen des Finanzgerichts Sachsen (Az. 8 K 194 / 15) und beispielsweise des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg (Az. 7 K7 1310 / 10) erwirkt, dass durch Bürger die in der Maßnahme enthaltenen Arbeitskosten geschätzt werden können. Einen festen Betrag für den Anteil der Arbeitskosten kann man grundsätzlich nicht benennen, jedoch ist für die Mitglieder des Verbands Wohneigentum im Rahmen der Rechtsberatung aufgrund der Vorlage der einzelnen Bescheide in der Regel die Möglichkeit gegeben, durch einen Vertragsanwalt für die einzelne Maßnahme einen Richtwert hinsichtlich der Höhe des Anteils der Arbeitskosten zu erhalten.

Wer sich beraten lässt und sich auf die Urteile bezieht hat also im Rechtsstreit meist Aussicht auf Erfolg?

Den Mitgliedern des Verbandes ist unbedingt dazu zu raten, gezahlte Kosten für Erschließungsbeiträge oder Straßenbaubeiträgen mit einem entsprechenden Anteil in der Steuererklärung des betreffenden Jahres geltend zu machen. Für den Fall der Ablehnung sollten sie gegen diese Ablehnung den gerichtlichen Weg der Klage beschreiten. Eine individuelle Rechtsberatung zuvor kann das Restrisiko klären. Aufgrund der Entwicklung in der Rechtsprechung ist aber die Aussicht auf Erfolg durchaus positiv, da die Zustimmung der Finanzgerichte zu der Möglichkeit der Schätzung in den letzten Jahren stetig zugenommen hat.

Quelle: Verband Wohneigentum e.V.