Grundsteuer-Kostenexplosion: Verband Wohneigentum begrüßt Vorstoß aus NRW

Die NRW-Landesregierung will das Grundsteuer-Gesetz anpassen, damit die Reform im nächsten Jahr die Kosten fürs Wohnen nicht weiter in die Höhe treibt. „Es ist gut, dass die NRW-Landesregierung nun doch noch eine Lösung für diese massive Kostenverschiebung zulasten von Wohngrundstücken finden möchte. Man kann das Schlimmste noch verhindern, aber die Zeit ist richtig knapp!“, kommentiert Jan Koch, Grundsteuer-Experte beim Verband Wohneigentum NRW.

Modellhaus auf einem nach rechts ansteigenden Münzstapel  © zhenya – stock.adobe.com
Damit die Reform im nächsten Jahr die Kosten fürs Wohnen nicht weiter in die Höhe treibt, will die NRW-Landesregierung das Grundsteuer-Gesetz anpassen. 

Update 16.04.2024: Verband Wohneigentum NRW plädiert in Experten-Anhörung des Landtags für schnelle Korrektur der Grundsteuer-Lastverschiebung

Am 16. April 2024 hat der Verband Wohneigentum in einer Experten-Anhörung des NRW-Landtags vorgeschlagen, kurzfristig die Steuermesszahlen für Wohngebäude zu senken. Sie können sich die Anhörung auf der Seite des Landtags noch einmal im Video anschauen.

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Unsere ausführliche Position zum Thema lesen Sie in unserer Stellungnahme zur Anhörung.

Um die beste Lösung für das Problem zu finden, müsse das Finanzministerium die Daten zur Lastverschiebung bei der Grundsteuer offenlegen. „Es geht um die größte Steuerreform seit der Wiedervereinigung – die Debatte sollte man öffentlich führen. Und zwar auf einer guten Datenbasis“, fordert Koch.

Finanzministerium für gesplittete Hebesätze bei der Grundsteuer

Wie jetzt bekannt wurde, will der NRW-Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk den Städten ermöglichen, für Gewerbe- und Wohnimmobilien unterschiedliche Hebesätze bei der Grundsteuer B aufzustellen. Bisher gibt es nur einen gemeinsamen Hebesatz für Wohn- und Gewerbegrundstücke. Experten forderten bislang hingegen eine Anpassung der Steuermesszahlen – damit könne man die Lastverschiebung landeseinheitlich ausgleichen und würde das Problem nicht in die einzelnen Städte verlagern. Das Finanzministerium setzt sich aber für gesplittete Hebesätze ein, weil man so auf die unterschiedliche Ausprägung der Lastverschiebung in den einzelnen Kommunen besser reagieren könne.

Grundsteuer kann noch mehr zum kommunalpolitischen Spielball werden

„Das Problem der Lastverschiebung kann tatsächlich von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich ausfallen. In einer Stadt mit großen Industriebetrieben wird sich das Grundsteueraufkommen anders verändern als in einer Stadt mit vielen Einzelhandelsgeschäften. Gerade in NRW kann es daher stimmen, dass eine Anpassung der Steuermesszahlen dem Problem allein nicht gerecht wird“, meint Koch. Andererseits bestehe die Gefahr, dass man mit einer Differenzierung der Hebesätze die Grundsteuer noch mehr zum kommunalpolitischen Spielball mache.

Bei der Grundsteuerreform muss endlich gehandelt werden

Der Grundsteuer-Experte beim Verband Wohneigentum ist deshalb skeptisch: „Ob die Gerechtigkeitslücke bei der Grundsteuerreform wirklich flächendeckend geschlossen wird, wenn man dafür die Verantwortung den einzelnen Städte gibt, ist fraglich. Eines ist aber ganz klar: Egal welchen Weg man wählt, um die Grundsteuerreform gerechter zu gestalten – es ist wichtig, dass jetzt endlich gehandelt wird! Es wäre fatal, wenn Mieter und Wohneigentümer die Zeche für die neue Grundsteuer zahlen müssten.“

Kostenexplosion durch Grundsteuerreform

Reform trifft doppelt und dreifach Eigentümer oder Mieter älterer Gebäude

Zum Hintergrund

Gewerbeimmobilien mussten in der Vergangenheit einen größeren Teil der Grundsteuer tragen. Durch die Reform wird der Anteil, der auf Gewerbeimmobilien entfällt, deutlich kleiner. Denn die Bewertungen für Geschäftsgrundstücke sind im Zuge der Reform vielfach gleichgeblieben oder sogar gesunken. Die Bewertungen für die meisten Wohnimmobilien sind aber gestiegen. „Das heißt: Selbst wenn die Städte nur das Grundsteueraufkommen gleichhalten und kein Einnahmeplus erzielen, werden die Kosten für Wohnimmobilien massiv steigen“, erklärt Koch.

Dass die Grundsteuerreform die Kosten fürs Wohnen in die Höhe treibt, sei gerade in der aktuellen Wohnungskrise keine gute Idee. Und zur Lastverschiebung in der Bewertungsebene kämen dem Grundsteuer-Experten zufolge zwei Dynamiken, die der Reform weiteren Sprengstoff verleihen: Gerade ältere Immobilien, die seit über 60 Jahren oft von extrem niedrigen Einheitswerten profitiert haben, erleben jetzt eine Vervielfachung ihrer Kosten für die Grundsteuer. „Das lässt sich nicht verhindern – denn diese Eigentümer haben in der Vergangenheit einfach von einer sehr unterdurchschnittlichen Bewertung profitiert. Man kann sich aber das Drama vorstellen, wenn auf diese Vervielfachung der Bewertungsgrundlage noch eine Erhöhung der Hebesätze kommt. Diese wird in vielen Städten aber aus zwei Gründen kommen: Zum einen, weil die Finanznot der NRW-Städte in den letzten Jahren noch einmal drastisch zugenommen hat. Und zweitens wegen der Lastverschiebung – weil viele Städte die niedrigeren Bewertungen bei Gewerbeimmobilien mit höheren Hebesätzen ausgleichen müssen. Die Reform trifft damit doppelt und dreifach gerade Eigentümer oder Mieter in älteren Gebäuden – und die haben oft genug leider nicht das dickste Portemonnaie“, befürchtet Koch.