Wärmepumpen & Solaranlagen in NRW: Ab 2023 weniger Abstand zum Nachbarn

Seit 2023 dürfen in NRW Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen mit einem geringeren Abstand zum Nachbarn gebaut werden. Bislang sind die Erleichterungen beim Bau von Wärmepumpen, Solaranlagen sowie Kleinst- oder Micro-Windenergieanlagen nur über einen Erlass geregelt. Im Laufe des Jahres sollen die neuen Abstandsregeln aber fest in die Landesbauordnung aufgenommen werden. Wir klären für Sie die Details.

Siedlung mit Solaranlagen auf den Dächern aus der Vogelperspektive.  © Gelpi – stock.adobe.com
Wichtig für Siedlungen mit Solaranlagen und anderen erneuerbaren Energien: Es gibt neue Abstandsregelungen in NRW. 

Mit der Energiewende verhält es sich für Wohneigentümerinnen und -eigentümer oft wie verhext: Man würde gerne etwas dazu beitragen, aber die deutsche Bürokratie macht die Sache nicht unbedingt einfach. Wer beispielsweise in einem Reihenhaus lebt und eine Wärmepumpe oder eine Photovoltaikanlage installieren wollte, scheiterte oft an den vorgeschriebenen Abständen zur Nachbargrenze. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien gerade für Privatpersonen zu erleichtern, hat die NRW-Landesregierung die einzuhaltenden pauschalen Abstände verringert. Damit wird es für viele Wohneigentümerinnen und -eigentümer endlich möglich, selbst von der Energiewende zu profitieren. Dennoch müssen ein paar Punkte beachtet werden.

Achtung: Noch wird die Erlaubnis der Bauaufsicht benötigt

Bislang wurden die neuen Abstandsregeln für Solaranlagen, Wärmepumpen sowie Kleinst- oder Micro-Windenergieanlagen nur über einen Erlass des NRW-Bauministeriums festgelegt. Damit gelten die hier beschriebenen Änderungen bereits, obwohl die Aufnahme der geringeren Abstandsflächen in die Landesbauordnung für NRW erst zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Das führt aktuell jedoch dazu, dass Sie eine Unterschreitung der bisher geltenden Abstände noch bei der Bauaufsichtsbehörde schriftlich beantragen müssen.

Da die Änderungen an der Landesbauordnung inzwischen bereits im Landtag beraten werden, werden Sie die Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde vermutlich nur noch bis zum Ende des Jahres 2023 einholen müssen.

Abstandsregeln für Solaranlagen

Bisher galt für Solaranlagen von Ein- und Zweifamilienhäusern (genauer: Für Gebäude der Klasse 1 und 2), die an einer Nachbargrenze errichtet sind, dass ein halber Meter Abstand zum Nachbargebäude eingehalten werden musste. Bei brennbaren Außenseiten der Module war ein Abstand von 1,25 Metern vorgeschrieben.

Der neue Erlass ermöglicht nun die Errichtung von Solaranlagen auf Gebäuden der Klasse 1 und 2 ohne Abstand zur Grenzwand. Aber Achtung: Sie müssen dies bei der Bauaufsichtsbehörde schriftlich beantragen, wenn Sie die Errichtung einer Solaranlage planen, die den bisher geltenden Mindestabstand unterschreitet.

Bei anderen Gebäudeklassen gelten die Abstandsregelungen weiterhin. Bei Gebäuden der Klasse 3 oder höher müssen Sie nach wie vor einen halben Meter Abstand bei nichtbrennbaren und 1,25 Meter Abstand bei brennbaren Außenseiten der Module einhalten, wenn Sie eine Solaranlage auf Ihrem Dach errichten wollen.

Das bedeutet die Einteilung in Gebäudeklassen

Gebäudeklasse 1

  • In diese Kategorie fallen typischerweise freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser. So zählen alle freistehenden Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 Meter und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 Quadratmeter sowie freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude und Gebäude vergleichbarer Nutzung zu dieser Kategorie.

     

Gebäudeklasse 2

  • In diese Kategorie fallen vor allem Reihenhäuser und Doppelhaushälften. So zählen alle anderen Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 Meter und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 Quadratmetern zur Gebäudeklasse 2.

Gebäudeklasse 3 und höher

  • Klasse 3 umfasst sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 Metern.

    Zu Klasse 4 zählen Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 Metern und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 Quadratmeter in einem Geschoss.

    Gebäudeklasse 5 umfasst alle sonstigen Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude.

Abstandsregeln für Wärmepumpen

Für die Abstandsflächen von Wärmepumpen war bisher vorgeschrieben, einen Mindestabstand zur Grundstücksgrenze von drei Metern einzuhalten. Mit dem neuen Erlass entfällt diese Vorschrift. Beachten Sie jedoch: Planen Sie den Einbau einer Wärmepumpe und dabei soll der Abstand der Wärmepumpe zur Grundstücksgrenze drei Meter unterschreiten, müssen Sie sich diese Maßnahme von der Bauaufsichtsbehörde schriftlich genehmigen lassen.

Eine Baugenehmigung zur Aufstellung der Wärmepumpe braucht es hingegen nicht. Das mit der Durchführung der Installation der Wärmepumpe beauftragte Unternehmen ist für die Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften verantwortlich. Dass diese berücksichtigt wurden, sollten Sie sich schriftlich bestätigen lassen.

Kleinst- und Micro-Windenergieanlagen

Als Kleinst- und Micro-Windenergieanlagen gelten solche, deren Größe deutlich unter zehn Metern liegt. Der neue Erlass erleichtert die Errichtung derartiger Anlagen. Sie können jetzt auch in überwiegend zum Wohnen genutzten Gebieten errichtet werden, bedürfen aber einer Genehmigung. Die rechtliche Grundlage hierzu liefert § 46 BauO NRW 2018.

Außerhalb der überwiegend zum Wohnen genutzten Gebiete können die Kleinst- und Micro-Windenergieanlagen ohne Baugenehmigung gebaut werden.

Neue Abstandsregeln schützen nur teilweise beim Nachbarschaftsstreit

Die neuen Abstandsregeln in NRW schützen Sie zwar aus baurechtlicher Sicht vor Ansprüchen Ihres Nachbarn. Trotz der neuen Abstandsregeln sind Sie trotzdem nicht vollständig vor Ansprüchen Ihres Nebenmanns sicher. Ist eine Wärmepumpe zu laut – weil sie z.B. die öffentlich-rechtlichen Vorgaben nicht einhält – und verstößt gegen das Immissionsschutzgesetz, kann es trotzdem noch zum Rechtsstreit kommen. So oder so gilt: In vielen Fällen spart ein frühzeitiges Gespräch mit Nachbarn späteren Ärger.

Ihr Ansprechpartner:
Unser Experte
Rechtsanwalt Stephan Dingler