Vorsicht bei Grundsteuer-Schätzung Was Sie tun müssen, wenn Sie eine Grundsteuer-Schätzung erhalten haben

Wer jetzt erst seinen Grundsteuer-Bescheid vom Finanzamt bekommt, hält vermutlich eine Schätzung in den Händen. Wer dann nicht handelt, muss ab 2025 höhere Steuern zahlen. 1.000 Euro mehr im Jahr für die Grundsteuer ist dabei keine Seltenheit. Achtung: Auch wer glaubt, seine Erklärung abgegeben zu haben, wurde vielleicht geschätzt. Wir erklären, was Betroffene jetzt tun müssen!

Grundsteuer-Schätzungen können teuer werden  ©  pathdoc - stock.adobe.com
Wer jetzt erst seinen Grundsteuerwertbescheid bekommen hat, hält vermutlich eine teure Schätzung in der Hand. 

Wer seine Grundsteuer-Erklärung bis heute – trotz Erinnerung durch das Finanzamt – nicht abgegeben hat, bekommt eine Schätzung vom Finanzamt. Konsequente Verweigerer müssen damit leben, dass die Schätzungen deutlich höher ausfallen als bei einer korrekten Bewertung. Schließlich sollen Säumige am Ende nicht besser dastehen als diejenigen, die bis zum 31. Januar ihre Erklärung mit viel Mühe abgegeben haben. Hinzu kommt: Auch bei einer Schätzung entfällt nicht die Pflicht zur Abgabe der Erklärung. Wer die Grundsteuer-Erklärung nicht nachreicht, muss mit einem empfindlichen Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro rechnen.

Erklärungsverweigerer haben die Gefahr einer Schätzung bewusst in Kauf genommen – insoweit ist das strikte Handeln der Finanzbehörden nachvollziehbar. Im Chaos rund um die Grundsteuer ist aber vieles schief gelaufen. So werden auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger mit Schätzungen konfrontiert – obwohl sie eigentlich dachten, dass sie die Erklärung richtig abgegeben haben. Ein richtiges Problem ist, wenn die Betroffenen die Bescheide nicht als Schätzungen erkennen. Denn der Hinweis auf die Schätzung steht erst im Kleingedruckten. Auch, dass die Schätzungen unseren Rückmeldungen nach doppelt bis fünfmal so hoch wie die korrekte Bewertung sind, erkennen Laien nicht. Wir verraten Ihnen, wie Sie die Schätzungen erkennen, welche Nachteile sich daraus ergeben und was Sie jetzt tun müssen. 

Wie erkenne ich eine Grundsteuer-Schätzung?

Sie erkennen die Grundsteuer-Schätzungen daran, dass der Bescheid vom Finanzamt keine detaillierte Berechnung für die Bewertung Ihres Grundstücks enthält.

Der Bescheid steht lediglich folgende Formulierung: „Gesondert ermittelter Grundsteuerwert“.

Die der Wertermittlung zugrundeliegenden Eckdaten wie Baujahr, Wohnungsgröße, Grundstücksgröße oder Bodenrichtwert, werden in den Schätzungsbescheiden nicht aufgeführt.

Erst auf der Rückseite der Bescheide – quasi im „Kleingedruckten“ – steht, dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen geschätzt hat. Dieser Satz ist auch nicht hervorgehoben – Sie müssen Ihre Bescheide also genau prüfen, um die Schätzung zu erkennen.

Zuletzt enthalten die Schätz-Bescheide auf der dritten Seite noch eine Info-Box mit der Überschrift: „Was muss ich jetzt tun?“. Dort wird Ihnen beispielsweise erklärt, was Sie tun müssen, wenn Sie die Erklärung noch nicht oder unter dem falschen Aktenzeichen abgegeben haben. Was zu tun ist, wenn Sie die Erklärung bereits abgegeben haben und das Finanzamt Ihren Grundsteuerwert dennoch geschätzt hat, steht dort nicht.

Warum habe ich eine Grundsteuer-Schätzung bekommen?

Im Prinzip ist es einfach: Hat das zuständige Finanzamt für ein Grundstück vom Eigentümer bis heute keine Grundsteuererklärung erhalten, wird geschätzt. Die Gründe können vielfältig sein. Wer die Erklärung – egal ob absichtlich, aus Unwissenheit oder Überforderung – nicht abgegeben hat, musste mit der Schätzung rechnen.

Aber im Grundsteuer-Chaos ist auch eine Menge schiefgelaufen. Viele Papiererklärungen sind scheinbar auf dem Postweg verloren gegangen. Schätzungen erhalten auch einige Betroffene, die ihre Formulare persönlich beim Finanzamt eingeworfen haben. In anderen Fällen wurde die Erklärung mit der Zensus-Befragung verwechselt. Wieder andere hatten technische Probleme oder haben die falschen Formulare verwendet. Auch beim Eigentümerwechsel oder Pflege- und Todesfällen gibt es oft Komplikationen. Es gibt zudem tausende Grundstücke, für die in der Vergangenheit keine Grundsteuer fällig wurde – z.B. einzelne Garagen. Aber für diese Grundstücke ist jetzt meist eine Erklärung fällig. Nicht zuletzt war vielen Eigentümern nicht bewusst, dass manchmal für ein Grundstück mehrere Erklärungen abgeben werden müssen. Das kann z.B. bei Grundstücken mit Teilungserklärungen oder einer ehemaligen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung notwendig sein. Alles verwirrend und kompliziert – da ist es normal, dass man als Laie nicht immer durchblickt.

Wie hoch sind die Grundsteuer-Schätzungen?

Leider können alle diese Ursachen dramatische Folgen haben. Denn die uns bekanntgewordenen Schätzungen liegen zwei- bis fünfmal höher als eine korrekte Bewertung. Beispielsweise wurde ein Zechenhaus, das um die Jahrhundertwende gebaut wurde, mit einem Wert von über 500.000 Euro geschätzt. Der korrekte Grundsteuerwert für dieses Haus liegt aber zwischen 130.000 und 140.000 Euro. Bei dem heutigen Hebesatz der betreffenden Stadt müsste der Betroffene jährlich über 1.300,- statt korrekterweise 350,- Euro Grundsteuer zahlen.

Das Problem: Als Laie erkennen Sie anhand der geschätzten Grundsteuerwertbescheide nicht, welche finanziellen Folgen die höhere Bewertung für Sie haben könnte. Umso wichtiger ist es, dass Sie die Bescheide als Schätzungen erkennen und die richtigen Schritte einleiten.

Was kann ich gegen eine Grundsteuer-Schätzung tun?

Die wichtigste und vor allem gute Nachricht: Die geschätzten Bescheide ergehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Wenn Sie nun also zügig Ihre Erklärung nachreichen, können Sie noch eine korrekte Bewertung für die neue Grundsteuer erhalten.

Was Sie bei der Grundsteuererklärung beachten sollten, können Sie in unserer Checkliste nachlesen.

Wie hoch der korrekte Grundsteuerwert für Ihr Grundstück sein müsste, können Sie mit dem Grundsteuer-Rechner herausfinden.

Außerdem sollten Sie gegen den geschätzten Bescheid Einspruch einlegen. Wenn Sie die Erklärung eigentlich abgegeben haben, sollten Sie dies nach Möglichkeit in Ihrem Einspruch darlegen und im besten Fall auch nachweisen. Auch wenn Sie vor einiger Zeit bereits ein Erinnerungsschreiben erhalten haben und auf Nachfrage beim Finanzamt dann die Information erhalten hatten, dass dies vermutlich an einer Überschneidung gelegen habe und Sie nichts weiter tun müssten, sollten Sie dies in Ihrem Einspruch darlegen und auch hier im besten Fall nachweisen.

Grundsätzlich sollten Sie der Ursache für die Schätzung auf den Grund gehen, wenn Sie eigentlich eine Erklärung abgegeben haben. So oder so gilt: Es ist Eile geboten!

Tipp: Achten Sie darauf, dass Sie nachweisen können, welche Erklärungen und Informationen Sie beim Finanzamt eingereicht haben. Wenn Sie Elster nutzen, erhalten Sie ein Übertragungsprotokoll und können im Portal nachhalten, welche Informationen Sie übermittelt haben. Auf dem Postweg geht das nicht: Denn selbst bei einem Einschreiben können Sie nur nachweisen, dass Sie irgendetwas an das Finanzamt geschickt haben den Inhalt Ihres Schreiben können Sie nicht belegen.