Zwangsversteigerung – Schnäppchen statt Ballast

Für viele Kaufinteressenten kommen Häuser aus Zwangsversteigerungen in Frage. Aber Vorsicht: Obwohl die Preise für solche Immobilien unter dem ortsüblichen Marktwert liegen, sollten alle Risiken bedacht werden. Genaues Hinschauen und Prüfen aller wichtigen Unterlagen sowie der Immobilie selbst sind unumgänglich.

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Beim Kauf von Häusern aus Zwangsversteigerungen lohnt es sich, ganz genau hinzuschauen und zu prüfen. 

Häuser aus Zwangsversteigerungen gelten allgemein als Schnäppchen, denn die Kaufpreise für diese Immobilien liegen oft zwischen 10 bis 30 Prozent unter dem ortsüblichen Marktwert. Ein solcher Kauf ist allerdings nicht immer ganz frei von Risiken.

Entwicklung der Zwangsversteigerungen ist derzeit offen

Bundesweit ist die Zahl der Zwangsversteigerungen wegen des seit Jahren niedrigen Zinsniveaus rückläufig. Hinzu kommen die wirtschaftliche Situation Deutschlands in der Corona-Zeit sowie die extrem hohe Nachfrage nach Immobilien. Diese sorgte dafür, dass die Anzahl der Zwangsversteigerungen bis Ende April 2020 um mehr als 88 Prozent einbrach.

Ob die Versteigerungsrate zukünftig wieder steigt, wird davon abhängen, inwieweit Immobilienbesitzer ihre Finanzsituation in Corona-Zeiten stabil halten können (beeinflusst durch Kurzarbeit, vorübergehende Arbeitslosigkeit oder Ähnliches).

Wichtige Unterlagen einsehen

Der Verband rät Interessenten einer zur Versteigerung stehenden Immobilie auf jeden Fall, vor dem Kauf ein Wertgutachten anzufordern sowie den Grundbucheintrag einzusehen. „Das Gutachten zeigt den Verkehrswert an und beschreibt im Idealfall auch mögliche Baumängel. Allerdings spiegeln diese Gutachten oft nicht immer den tatsächlichen Zustand einer Immobilie wider“, erläutert Rechtsanwalt Stephan Dingler, Rechtsberater im Verband Wohneigentum NRW. Die Gründe sind vielfältig. Mal wurde ein Gutachten vom Sachverständigen ohne eingehende Besichtigung des Objekt verfasst, ein anderes Mal ist es vielleicht schon einige Monate oder gar Jahre alt, weil sich das gesamte Zwangsversteigerungsverfahren hinzieht und etwaige neue Mängel nicht aufgenommen wurden. Hier ist ein genaues Hinschauen wichtig.

Kontakt suchen

Sofern die Besichtigung des Objekts nicht möglich ist, wird den Kaufinteressenten empfohlen, Kontakt zu Nachbarn bzw. zu Gläubigern – in der Regel die finanzierende Bank des bisherigen Eigentümers – aufzunehmen. Meist lassen sich über diesen Weg schnell wichtige Informationen zum Zustand der Immobilie einholen.

Das Grundbuch gibt viele Informationen

Um sich vor unerwarteten Überraschungen zu schützen, ist der Blick ins Grundbuch unerlässlich. Denn dort sind Belastungen, Dauerwohnrechte oder auch mögliche Leitungs- und Wegerechte Dritter eingetragen. Im Vorfeld einer Versteigerung muss die Immobilienfinanzierung des Kaufinteressenten stehen, denn beim Erhalt des Zuschlags sind direkt zehn Prozent des Verkehrswertes fällig. Notfalls lässt sich diese Summe auch über eine Bankbürgschaft einbringen. Den Restbetrag muss der neue Käufer dann innerhalb von vier bis sechs Wochen überweisen.

Übergangsphase großzügig planen

Sofern das ersteigerte Gebäude noch bewohnt ist, kann nach der Überschreibung eine längere Zeit bis zum Einzug bzw. bis zur Neunutzung vergehen. „Es kommt häufig vor, dass sich ehemalige Eigentümer oder Mieter weigern, zur gesetzten Frist auszuziehen. Von daher sollte jeder Käufer immer eine längere Übergangsphase einplanen“, empfiehlt Stephan Dingler.