Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat gefordert, die jetzige Form der Einspeisevergütung für neu installierte PV-Anlagen abzuschaffen. Ihre Forderung schlug hohe Wellen. Die Argumente der Bundeswirtschaftsministerin kann man so zusammenfassen: Die Vergütung ist eine staatliche Förderung, die ihre Dringlichkeit verloren hat, den klammen Staat zu viel kostet und den Strompreis in die Höhe treibt.
Die Ministerin führt weiter folgende Punkte an: Zum einen seien PV-Anlagen und Stromspeicher nicht mehr so teuer wie noch vor 20 Jahren. Zum anderen führe die steigende Zahl an privaten Energieproduzenten zu erheblichen Schwankungen im öffentlichen Netzbetrieb. Die Schwankungen seien eine Belastung für die Netzstabilität. Es drohe im schlimmsten Fall ein Black Out.
Auch wenn Bundeswirtschaftsministerin Reiche mit der schwankenden Netzstabilität und den gesunkenen Anschaffungskosten Recht haben mag, so reagieren doch viele Energie- und Umweltexperten mit Fassungslosigkeit auf diesem Vorstoß. Die meisten Kritiker erinnern daran, dass der Staat jahrelang wegen der Klimaziele auf eine Energiewende im Privaten gepocht und diese entsprechend gefördert hat. Der Erfolg der Förderung lasse sich an den deutlich gestiegenen Zahlen von PV-Anlagen in Deutschland ablesen. Jetzt, wo der Erfolg spürbar sei, sollte man weiter fördern und nicht das Gegenteil tun, monieren Kritiker. Damit gefährde man die Klimaneutralität.
„Private PV-Anlagen sind außerdem nicht per se schädlich für die Netzstabilität – im Gegenteil können kleine, dezentrale Speicher von PV-Anlagen sogar zur Stabilisierung des Netzes beitragen“, sagt Jan Koch, Geschäftsführer beim Verband Wohneigentum NRW. Diese Position vertritt auch Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur.
Aber auch das Argument, dass private PV-Anlagen schon heute ohne Einspeisevergütung wirtschaftlich seien und Eigentümer ihren überschüssigen Strom auch auf dem freien Markt verkaufen könnten, ist fraglich. „Die Direktvermarktung von privatem Solarstrom ist beispielsweise noch gar nicht massentauglich und verbraucherfreundlich auf dem Markt etabliert. Die meisten Netzbetreiber sind ja bereits mit dem Einbau der Smart Meter überfordert“, bemerkt Koch. Auch heute noch sei die garantierte Einspeisevergütung über einen Zeitraum von 20 Jahren ein zentraler Faktor, der für Wohneigentümer die Installation einer Solar-Dachanlage attraktiv macht. Ohne Vergütung sei der Anreiz niedriger, sich im Privaten an der immer noch kostenintensiven Energiewende zu beteiligen. Auch Verena Örenbas, Geschäftsführerin vom Verband Wohneigentum kritisiert den Vorstoß zur Einspeisevergütung auf Instagram scharf. „Wir brauchen hier keine Ideen, die bremsen, sondern mehr Tempo.“
Fazit: Noch ist der Vorstoß der Bundeswirtschaftsministerin nur ein Vorschlag. Sie ist auch nicht die erste, die eine Abschaffung der Einspeisevergütung ins Spiel gebracht hat. Außerdem sind sich so gut wie alle Experten einig, dass die Einspeisevergütung nicht ewig fortbestehen kann. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass es wenigsten mittelfristig zu Veränderungen in der Vergütung kommt. „Aber: Wir hoffen, dass es nicht zu einem abrupten Ende der Einspeisevergütung kommen wird. Das wäre fatal!“, meint Koch.